Walter Hennig verkörpert auf nahezu idealtypische Art und Weise den evangelischen Kantor, wie er sich unter dem Einfluß der Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts herausbildete. Aus einem Kantorenhaushalt stammend, Thomaner unter Karl Straube und später Student am kirchenmusikalischen Institut Leipzig, von welchem entscheidende Impulse für diese Erneuerungsbewegung ausgingen, gehört er zu den Vertretern einer neuen Sichtweise von den Aufgaben des Kantorenamtes. Als Komponist geistlicher Chor- und Orgelwerke sieht er sich darüber hinaus alter protestantischer Kantorentradition verpflichtet.
Diese Darstellung geht über die ursprüngliche Absicht, das Werk Walter Hennigs zusammenzutragen und zu bewerten, hinaus und ist auch einen exemplarischen Bericht über ein deutsches Lebensschicksal in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.
Wer über Geschichte etwas erfahren will, „muss Biographien lesen, und zwar nicht die Biographien von Staatsmännern, sondern die viel zu raren Biographien der unbekannten Privatleute. Dort wird er sehen: Das eine ‘historische’ Ereignis zieht über das private - d.h. wirkliche - Leben hin wie eine Wolke über einen See; nichts regt sich, nur ein flüchtiges Bild spiegelt sich. Das andere peitscht den See auf wie Sturm und Gewitter; man erkennt ihn kaum wieder. Das dritte besteht vielleicht darin, dass alle Seen ausgetrocknet werden“
Dem Versuch, einer solchen Biographie, wie sie Sebastian Haffner fordert, stellt sich Michael Goldbach mit diesem Werk, seiner Dissertationsschrift.